Patientenbeauftragter nennt § 219a „sehr vernünftig“

Osnabrück. Für „sehr vernünftig“ hält der Patientenbeauftragte der Bundesregierung die Vorschrift zum Werbeverbot für Abtreibungen. Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Ralf Brauksiepe: „Ich sehe derzeit keinen Bedarf für eine Gesetzesänderung.“ Mit Blick auf die vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilten Gießener Allgemeinärztin Kristina Hänel, warnte Brauksiepe vor Verallgemeinerungen: „Wir neigen häufig dazu, aus einem Einzelfall, der uns vielleicht nicht plausibel erscheint, zu folgern, dass es eine Gesetzesänderung braucht.“ Das sei jedoch falsch.

Auch sei eine Abtreibung kein normaler medizinischer Eingriff, sondern „eine Straftat, die unter ganz bestimmten, im Gesetz definierten Voraussetzungen straffrei bleibt.“ Flächendeckend sorgten Beratungsstellen dafür, dass Familien insbesondere in Konfliktsituationen unterstützt und beraten würden. Brauksiepe: „Ich sehe kein ungedecktes Informationsbedürfnis.“

§ 219a: Dutzmann macht neuen Vorschlag für Kompromiss

Foto: Andreas Schoelzel

Berlin. Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesregierung, Martin Dutzmann, hat einen neuen Vorschlag in dem seit November vergangenen Jahres anhaltenden Streit um den Erhalt oder Streichung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch (StGB) gemacht. In einem Beitrag für die Juni-Ausgabe der in Freiburg editierten „Herder Korrespondenz“ vertritt Dutzmann die Ansicht, in der Logik des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sei der Staat in der Pflicht, über Einrichtungen zu informieren, die vorgeburtliche Kindstötungen durchführten: „Warum sollten die Bundesländer nicht auch dafür Sorge tragen, dass den betroffenen Frauen eine Liste dieser Einrichtungen zur Verfügung gestellt wird?“, fragt Dutzmann. Nach Ansicht des EKD-Bevollmächtigten sollten die Listen jedoch nicht im Internet veröffentlicht werden, sondern von den Beratungsstellen denjenigen Frauen ausgehändigt werden, die eine Abtreibung in Erwägung zögen.

Anlass für die Debatte über den Paragrafen 219a StGB ist die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel, die vom Amtsgericht Gießen wegen unerlaubter Werbung für Abtreibung auf ihrer Internetseite zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden war. Das Werbeverbot soll verhindern, dass Abtreibungen als normale ärztliche Leistungen dargestellt und kommerzialisiert werden. Wie die Beratungspflicht ist er Teil des Kompromisses für eine gesamtdeutsche rechtliche Regelung des Abtreibungsgeschehens.

§ 291a: Humanistische Union stellt Adressen von Abtreibungsärzten ins Netz

Foto: Andreas Schoelzel

Hamburg/Kiel. Die Humanistische Union hat „aus Protest gegen die weitere Verschleppung einer Aufhebung des § 219a StGB“ im Internet die Namen und Adressen von Ärzten und Kliniken veröffentlicht, die in Hamburg und Schleswig-Holstein Abtreibungen durchführen. Wie es auf der Internetseite des Vereins heißt, der 1961 in München in Gegnerschaft zu der christlich-konservativen Grundstimmung der Adenauer-Ära gegründet wurde, sei die Zusammenstellung der Kontaktdaten auf Grundlage von Informationen der Beratungsstellen erfolgt. Weitere Bundesländer sollen folgen.

Der Aufstellung zufolge führen in Schleswig-Holstein derzeit 40 Praxen, darunter zahlreiche Gemeinschaftspraxen, sowie 14 Kliniken vorgeburtliche Kindstötungen durch. In Hamburg sind es den Angaben zufolge 41 Praxen und fünf Kliniken.

Gröhe: „Wir brauchen mehr Werbung für ein ,Ja zum Kind’“

Würzburg. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe hat in einem Interview mit der überregionalen katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ versichert, für die Union käme „eine Aufhebung des Werbeverbots im Hinblick auf Abtreibungen nicht in Frage“ und stattdessen „mehr Werbung für ein ,Ja zum Kind’“ gefordert. Regierungsseitig werde derzeit geprüft, „ob und wo es gegebenenfalls Informationslücken gibt. Wir werden uns das Prüfungsergebnis genau ansehen, das Werbeverbot aber entschlossen verteidigen“, so der ehemalige Bundesgesundheitsminister.
Gefragt nach den zukünftigen Herausforderungen für den Schutz menschlichen Lebens, nannte der CDU-Politiker und bekennender Protestant die Debatte um die Tötung auf Verlangen und den medizintechnischen Fortschritt auf dem Feld der Pränataldiagnostik.
„Sicherlich geht die Debatte über eine menschliche Sterbebegleitung weiter. Dabei ist es der großen Geschlossenheit der Union zu verdanken, dass der Deutsche Bundestag 2015 ein Verbot der organisierten Hilfe zur Selbsttötung beschlossen hat. Hier geht es jetzt vor allem darum, durch einen weiteren Ausbau der palliativmedizinischen und hospizlichen Versorgung überall im Land auch jenen glaubwürdig entgegentreten zu können, die sogenannter Sterbehilfe – in Wahrheit geht es um ,Tötung auf Verlangen’ – das Wort reden“, so Gröhe. Aber auch bei den Fortschritten in der vorgeburtlichen Diagnostik, „mit denen sich zum Teil auch verbesserte Heilungschancen“ verbänden, gehe es darum, „immer wieder deutlich zu machen: Auch ein behindertes ungeborenes Kind hat ein Recht auf Leben“, so Gröhe.