Expertenanhörung im Bundestag: Sachverständige streiten über Werbeverbot

Absolut sehens- und hörenswert: Die Rede der CSU-Bundestagsabgeordneten Dr. Silke Launert im Deutschen Bundestag bei der Ersten Lesung der Gesetzentwürfe von Linken, Grünen und FDP zum § 219a StGB am 22.02.2018.

Linke lassen Katze aus dem Sack: Auch der § 218 soll fallen

Berlin. Politikern der Linkspartei und der Grünen reicht eine ersatzlose Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen (§ 219a StGB) nicht aus. Sie wollen nun auch den § 218 aus dem Strafgesetzbuch tilgen. Das berichtet die in Berlin editierte Tageszeitung (taz). Nach der Sommerpause wolle ihre Fraktion einen entsprechenden Antrag in das Parlament einbringen, berichtet die taz unter Berufung auf die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Cornelia Möhring. „Langfristig muss klar werden, dass das gesamte Thema Schwangerschaftsabbruch nichts im Strafgesetzbuch zu suchen hat“, wird Möhring zitiert.

Vorgeburtliche Kindstötungen sind in Deutschland „rechtswidrig“, aber „straffrei“, wenn die Abtreibung des ungeborenen Kindes binnen der ersten zwölf Schwangerschaftswochen erfolgt und sich die Schwangere zuvor in einer staatlich anerkannten Beratungsstelle beraten ließ (Vgl. § 218a).

Wie die Zeitung unter Berufung auf eine ihr vorliegende „vorläufige Fassung“ des Antrags weiter schreibt, solle auch die Beratungspflicht der Schwangeren gestrichen werden. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen Gesine Agena wird mit den Worten zitiert, „der Paragraf 218 ist frauenfeindlich“. Der Strafrechtsparagraf unterstelle, Frauen könnten keine verantwortungsvolle Entscheidung treffen und bringe damit Misstrauen gegenüber Frauen zum Ausdruck.

Expertenanhörung im Bundestag: Sachverständige streiten über Werbeverbot

Berlin. Die vom Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz durchgeführte Anhörung zum § 219a Strafgesetzbuch hat erwartungsgemäß zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Streichung oder des Erhalts des Werbeverbots für Abtreibung geführt. Das berichten übereinstimmend unterschiedliche Medien. Während die von CDU/CSU und der AfD berufenen Sachverständigen sich ausnahmslos für den Erhalt des Werbeverbots für vorgeburtliche Kindstötungen aussprachen, plädierten die von den Linken und Bündnis 90/Die Grünen ins Rennen geschickten Experten für dessen Streichung. Der von der FDP benannte Sachverständige, der Kölner Strafrechtler Thomas Weigend, plädierte – analog zum Gesetzentwurf der FDP – für eine Novellierung des Paragrafen, mit dem Ziel nur noch „grob anstößige“ Werbung für Abtreibungen strafrechtlich zu ahnden.

So betonten sowohl die Stellvertretende Leiterin des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Katharina Jestaedt als auch die Geschäftsführerin des Vereins „Donum vitae“, Andrea Redding, der Paragraf 219a sorge dafür, dass vorgeburtliche Kindstötungen im öffentlichen Bewusstsein nicht als „normale“ medizinische Leistungen betrachtet werden könnten. Der Augsburger Strafrechtler Michael Kubiciel führte aus, dass der Paragraf 219a gleich in mehrfacher Hinsicht dem Lebensschutz diene. Nicht nur, weil „Werbung für“ sowie das „öffentliche Anbieten“ von Abtreibungen den Entschluss zu einem Schwangerschaftsbruch festigen oder gar erst hervorbringen könne, sondern auch, weil er Frauen „vor der Kommerzialisierung ihrer Notlage“ schütze, die dem Lebensschutz dienen sollende Beratung „flankiere“ und – wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt – im Strafrecht zum Ausdruck bringe, dass eine Abtreibung kein „normaler Vorgang“ sei.

Der Mannheimer Gynäkologe Michael Kiworr, Mitglied der „Ärzte für das Leben“, der von der AfD als Sachverständiger benannt worden war, zeigte, dass eine Abgrenzung von Werbung und Information – anderes als wiederholt behauptet – sehr wohl möglich sei. Zwar könne auch Werbung Informationen enthalten, doch ließen sich – mit Blick auf den Initiator – diese auch dann auseinander halten. Wo Information gesucht werde, liege die Initiative beim Suchenden. Werde hingegen geworben, liege die Initiative beim Werbenden.

Dagegen sprachen sich Daphne Hahn von Bundesverband Pro Familia, die Berliner Gynäkologin Christiane Tennhardt sowie die Juraprofessoren Ulrike Lembke vom Deutschen Juristinnenbund und der Hamburger Strafrechtler Reinhard Merkel für die Streichung des § 219a aus.

§ 219a: Hessens Justizministerin will Werbeverbot erhalten

Foto:HMdJ

Kassel. Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hat sich gegen eine Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch ausgesprochen. In Interview mit der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen“ (HNA) kritisierte die CDU-Politikerin, in der Debatte werde „viel vermischt“. „Dabei geht es nur um ein Verbot, dass Ärzten und anderen Stellen nicht für einen Schwangerschaftsabbruch werben und auch keinen Preis für diese Leistung angeben dürfen oder es zum Beispiel auf ihrer Homepage anpreisen.“ Es gehe, so die Ministerin weiter, „um Werbeverbote und nicht um Informationsverbote“. Eine „direkte, automatische Verbindung zwischen Beratung und Abbruch und folglich ein darauf basierendes Geschäftsmodell soll es gerade nicht geben.“ „Wenn zuletzt Frauenärzte angezeigt wurden, dann waren dies in der Regel Anzeigen von Berufskollegen.“

Sie könne „die ,Mein-Bauch-gehört-mir-Debatte’ nicht mehr hören“, erklärte Kühne-Hörmann. „Denn damit soll der Eindruck erweckt werden, als würden den Frauen irgendwelche Verbote auferlegt. So ist es gerade nicht. Es geht lediglich um den Schutz vor übereilten Entscheidungen.“ Die Abtreibung eines ungeborenen Kindes ließe sich ja „nicht rückgängig machen“. „Der Schutz des ungeborenen Lebens ist so ein hohes Gut, dass eine objektive Beratung nötig und auch zumutbar ist.“ Falle dieses Modell weg, sei die Debatte nicht beendet. Vielmehr werde „der vor mehr als 20 Jahren gefundene gesellschaftliche Konsens um den Paragrafen 218 gänzlich infrage gestellt. Dafür habe ich wenig Verständnis“, so die CDU-Politikerin weiter.