Bundeskabinett beschließt Aufhebung des Verbots der Werbung für vorgeburtliche Kindstötungen

Berlin. Das Bundeskabinett hat den von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a Strafgesetzbuch – StGB) beschlossen. Am 9. März erklärte dazu Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP): „Mit dem heute im Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Vorschrift des § 219a Strafgesetzbuch gehen wir einen wichtigen Schritt für die Selbstbestimmung der Frauen in Deutschland. Wir wollen, dass Frauen sich über Methoden und mögliche Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs bestmöglich informieren können. Für einige Frauen führt der Weg direkt zur Ärztin oder zum Arzt ihres Vertrauens. Andere suchen erst eine Ärztin oder einen Arzt sowie Rat im Internet. Wir möchten, dass den Frauen in Deutschland beide Wege offenstehen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass ausgerechnet Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und damit am besten sachlich informieren können, nach der derzeitigen Rechtslage eine Strafverfolgung befürchten müssen, wenn sie Informationen zur Verfügung stellen. Das passt nicht in unsere Zeit. Sachliche Information von Ärztinnen und Ärzten über einen Schwangerschaftsabbruch sollen daher nicht länger strafbar sein. Zugleich ist aber auch klar: Gegen anpreisende und anstößige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche bleiben andere Rechtsnormen in Kraft. Und auch am geltenden Schutz ungeborenen Lebens ändert sich nichts.“


Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 des StGB vornähmen, müssen bisher u.a. mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, wenn sie sachliche Informationen über den Ablauf und die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs öffentlich, etwa auf ihrer Homepage, bereitstellten. Sie seien auch gehindert, auf diese Weise bekannt zu geben, welche Methode des Schwangerschaftsabbruchs sie anböten. Betroffene Frauen werde hierdurch zum einen der ungehinderte Zugang zu sachgerechten fachlichen Informationen über den sie betreffenden medizinischen Eingriff und zum anderen das Auffinden einer geeigneten Ärztin oder eines geeigneten Arztes erschwert. Dies behindere den Zugang zu fachgerechter medizinischer Versorgung sowie die freie Arztwahl und verletzt das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung der Frau.


Mit dem nun beschlossenen Regierungsentwurf soll die Strafvorschrift der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch in § 219a StGB aufgehoben werden. Mit der Aufhebung solle zum einen erreicht werden, dass sich betroffene Frauen besser informieren könnten. Denn die Bereitstellung von Informationen gerade durch Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, auch außerhalb eines persönlichen Beratungsgesprächs, stellten für sie eine wichtige Entscheidungshilfe dar. Ärztinnen und Ärzte müssten Frauen in dieser schwierigen Situation unterstützen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen.
Eine begleitende Änderung des Heilmittelwerbegesetzes solle gewährleisten, dass Werbung für medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche künftig nur unter den Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes erlaubt werde. Irreführende oder abstoßende Werbung für alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen bleibe weiterhin verboten.
Durch eine neue Regelung im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch sollen strafgerichtliche Urteile wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch, die nach dem 3. Oktober 1990 ergangen sind, aufgehoben und die Verfahren eingestellt werden. Verurteilte Ärztinnen und Ärzte sollen so von dem ihnen anhaftenden Strafmakel befreit werden, der sie mit Blick auf ihr Berufsethos besonders belaste.


Der Regierungsentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und anschließend an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.

§ 219a: FDP-Abgeordnete löst mit geschmacklosem Video einen Shitstorm aus

Berlin. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Kristine Lütke, die die Landkreise Roth und Nürnberger Land im Deutschen Bundestag repräsentiert, hat mit einem von ihr inzwischen wieder gelöschten Video-Post einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Das 19-sekündige Video zeigt die 39-Jährige und dem Anschein nach vier weitere FDP-Bundestagsabgeordnete mit Sonnenbrille und FFP2-Maske bis zur Unkenntlichkeit verkleidet, wie sie sich tanzend durch die Flure des Deutschen Bundestages bewegen. Aus einem mitgeführten Ghetto-Blaster erschallt der Song „Little Short Dick Man“ der 90er-Jahre-Band „20 Fingers“. Besungen werden darin Männer mit „kleinem, kurzem“ primären Geschlechtsorgan. Dazu vollführen die drei tanzenden Frauen im Vordergrund horizontal schwingende Handbewegungen. Eine Geste, die in der Ghetto-Sprache „Kopf ab“ bedeutet. Im oberen Drittel des Videos wird sodann ein Text eingeblendet: „Wir, auf dem Weg zur Abstimmung, um endlich den § 219a aus dem StGB kicken zu können.“


Mehrere Unionspolitikerinnen, aber auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger, zeigten sich empört. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Yvonne Magwas (CDU), kommentierte auf Twitter: „Puh! Ich bin entsetzt. Es geht rund um 219a, um ungeborenes Leben, um schwere Entscheidungen für Frauen und Familien. Nicht um Party und Leichtigkeit. Ernsthaftigkeit, Verantwortung und Sensibilität sind gefragt.“ CDU-Bundesschatzmeisterin Julia Klöckner schrieb: „Nicht Ihr Ernst, Tanzeinlagen zu diesem Thema? Es geht auch um die Frage von Lebensschutz.“ Die Abschaffung des Paragrafen „wie eine Party zu feiern“, banalisiere das Leben eines Ungeborenen. Und die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär kommentierte gar: „Herzlichen Glückwunsch zum geschmacklosesten Tweet seit langem. Das Thema ist viel zu ernst, um lustig dazu zu johlen. Keine Frau rennt tanzend und singend zur Abtreibung…“

Bundesverband Lebensrecht: Erlaubte Werbung für Abtreibung hat Folgen

Zum erneuten Legalisierungsversuch der Werbung für Abtreibung und zu dem diesbezüglichen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums erklärte die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht e.V., Alexandra Maria Linder, heute in Berlin:

„Mit der Abschaffung des § 219a StGB sollen laut Entwurf von Justizminister Dr. Marco Buschmann das nachhaltige Ziel 3 (gesundes Leben für Menschen jeden Alters) und Ziel 5 (alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen) erreicht werden. Kinder vor der Geburt fallen für das Ministerium anscheinend nicht in die Kategorie von Menschen, Frauen oder Mädchen, denn deren gesundes Leben und Selbstbestimmung werden dadurch weiter eingeschränkt oder gleich mit abgeschafft. Weiterhin wird in dem Papier argumentiert, Frauen würden ohne Werbeverbot nicht von Informationen über einen „erlaubten Eingriff“ abgehalten. Frauen wurden jedoch niemals von Informationen abgehalten und Abtreibung ist in Deutschland nicht ,erlaubt‘.

Der Entwurf weist auf den Fall von Frau Hänel, Abtreibungsexpertin in Gießen, hin. Frau Hänel, die mit nur zehn Abtreibungen pro Werktag einen hohen sechsstelligen Jahresumsatz erzielen kann, handelt seit mindestens 2009 absichtlich und systematisch gesetzeswidrig. Hierfür wurde sie mehrfach rechtmäßig verurteilt, wird aber als schuldloses Opfer und kurz vor der Armutsgrenze stehend präsentiert. Die in ihrer illegal verbreiteten Werbebroschüre befindlichen ,sachlichen Informationen‘ sprechen sachlich falsch von ,legalem Schwangerschaftsabbruch‘ mit Beratungsschein (der keineswegs legal, sondern rechtswidrig, aber mit Schein straffrei ist), vertuschen die Tatsache der von ihr selbst zugegebenen Beendigung menschlichen Lebens mit Formulierungen wie ,Schwangerschaftsgewebe wird ausgestoßen‘ und weisen darauf hin, dass man Bargeld (,Privatzahlerinnen‘) oder Kostenübernahmebescheinigung mitbringen müsse. Das Argument im Referentenentwurf für die Gesetzesabschaffung, Abtreibungsexperten könnten ,fachlich am ehesten zur Aufklärung‘ über Abtreibung beitragen, wird in wesentlichen Punkten geradezu klassisch ad absurdum geführt. Das Justizministerium weist zu Recht darauf hin, dass der Status ,des Vermögensvorteils wegen‘ bereits eintritt, wenn man für sein Tun ,ein Honorar erhält‘. Auch im Fall von Frau Hänel ging es eindeutig und immer um – in Teilen sogar irreführende – Werbung des Vermögensvorteils wegen, ein Paradebeispiel für das, was durch § 219a verhindert werden soll.

Die Erklärungsversuche des Ministeriums, das Schutzkonzept des Staates für vorgeburtliche Kinder sei mit dem ,Verzicht auf die Strafbewehrung der Werbung‘ für Abtreibung vereinbar, sind Makulatur: Wenn man für eine Handlung werben darf, wird sie mit der Zeit als gesellschaftlich akzeptabel und legal betrachtet. Natürlich wird entgegen der Entwurfsbehauptung der ,Rang des Rechtsguts des ungeborenen Lebens im allgemeinen Rechtsbewusstsein‘ damit weiter geschmälert. Und genau das ist das Ziel des erneuten Vorstoßes – übrigens nach dem Motto: so lange abstimmen, bis das Ergebnis passt, denn alle diesbezüglichen Versuche der letzten vier Jahre wurden abgeschmettert oder abgemildert. Der Referentenentwurf ist ein erneuter Versuchsballon für die vollständige Legalisierung der Abtreibung als kostenlose ,Gesundheitsversorgung‘, wie es im Koalitionsvertrag steht, und hat im Falle des Erfolgs mit Sicherheit auch im Entwurf verneinte ,demographische Folgen‘. Es wirft außerdem viele weitere Fragen auf, wenn das Justizministerium als erstes Projekt der neuen Koalition ausgerechnet eine Förderung der Abtreibung angeht, die in den vergangenen Jahren keine Mehrheit fand und mit Sicherheit nicht das größte rechtliche Problem unseres gegenwärtigen Staates darstellt.

ALfA: Justizminister Buschmann übernimmt Rolle des Ampel-Sandmännchens

Zum gestern von Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgestellten Referentenentwurf zur Aufhebung des § 219a Strafgesetzbuch (Werbung für Abtreibung) erklärt die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V., Cornelia Kaminski, heute in Augsburg:

„Die in der vergangenen Legislaturperiode erfolgte Novellierung des Werbeverbots für Abtreibungen (§ 219a StGB) ermöglicht es bereits jetzt jeder abtreibungswilligen Schwangeren, sich eine von der Bundesärztekammer gepflegte, monatlich aktualisierte Liste aus dem Internet zu laden, in der nicht nur sämtliche Arztpraxen, Kliniken und Einrichtungen, die vorgeburtliche Kindstötungen durchführen, mit sämtlichen Kontaktdaten verzeichnet finden, sondern auch die von ihnen jeweils angebotenen Methoden. Einfacher, schneller und umfassender kann sich heute gar nicht informieren, wer die Abtreibung eines Kindes erwägt.

Die angekündigte Aufhebung des § 219a StGB wird daher auch kein ,Informationsdefizit‘ beseitigen. Das existiert nämlich, wie gerade gezeigt, gar nicht. Stattdessen wird die Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen, das ohnehin in Teilen der Gesellschaft unterentwickelte Bewusstsein für das Lebensrecht ungeborener Menschen weiter untergraben. Denn es praktisch niemandem zu vermitteln, dass etwas das be- und für das geworben werden darf, eine rechtswidrige und prinzipiell strafbare Handlung darstellt.

Bundesjustizminister Marco Buschmann streut daher auch den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen, wenn er behauptet, eine Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen ändere nichts am ,Schutzkonzept‘ für das Leben ungeborener Kinder, zu dem das Grundgesetz laut der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Staat verpflichtet. Die Bewerbung einer rechtswidrigen und prinzipiell strafbaren Handlung auf den Internetseiten von Arztpraxen, Kliniken und Einrichtungen, lässt vorgeburtliche Kindstötungen wie jeden andere medizinische Leistung oder Heilbehandlung erscheinen und versieht sie mit dem Anschein der Legitimität.

Es ist bedauerlich, dass Bundesjustizminister Marco Buschmann schon zu Beginn seiner Amtszeit die Rolle des Ampel-Sandmännchens übernimmt. In Kombination mit der zwischen den Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfung einer Regulierung vorgeburtlicher Kindstötungen außerhalb des Strafgesetzesbuch stellt das von ihm gestern in Berlin vorgestellte Vorhaben einen brutalen Angriff auf das in Artikel 2 Absatz 2 verbürgte ,Recht auf Leben‘ dar. Wenn es dort heißt: ,Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit‘ so ist nun klar: Nach Ansicht der Ampelkoalitionäre schließt ,jeder‘ ungeborene Kinder offensichtlich nicht länger ein.“