CDU/CSU: Streichung des Werbeverbots aus Strafgesetzbuch hilft ungewollt Schwangeren nicht

Berlin/München (ALfA). Die vom Bundeskabinett am Mittwoch beschlossene Abschaffung des Werbeverbots für vorgeburtliche Kindstötungen stößt auch bei CDU/CSU auf Ablehnung und Kritik. „Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind, ist mit einer Streichung des § 219a Strafgesetzbuch nicht geholfen“, erklärte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Günther Krings (CDU). Vielmehr werde die „grundrechtliche Verpflichtung des Staates, auch das ungeborene menschliche Leben zu schützen“, missachtet. „Menschenwürde kommt auch schon dem ungeborenen Menschen zu.“ Nach dem geltenden Schutzkonzept, entscheide „richtigerweise letztlich die werdende Mutter über Fortsetzung oder Abbruch der Schwangerschaft“ so Krings weiter. Schutz erfahre das ungeborene Kind daher nur durch die Vorgaben zum Beratungsverfahren. „Diese Vorgaben darf der Staat nicht schleifen.“ Nach Ansicht des rechtspolitischen Sprechers der Unionsfraktion, ist bei einer Streichung des § 219a aus dem Strafgesetzbuch „mit offener Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu rechnen“.

Auch die bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ulrike Scharf (CSU), sprach sich gegen eine Streichung des § 219a aus dem Strafgesetzbuch aus. „Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen wird dadurch definitiv nicht verbessert“, erklärte Scharf in München. In den staatlich anerkannten, hochqualifizierten Beratungsstellen erhielten schwangere Frauen im persönlichen Gespräch alle erforderlichen Informationen und Hilfestellungen. Ausführliche Informationen von Ärztinnen und Ärzten, die den Abbruch vornähmen, und daher als gesetzliche Beraterinnen und Berater ausgeschlossen seien, seien nicht notwendig. Auch wenn eine Aufhebung des § 219a derzeit nichts an der Rechtslage für die Beratungsregelung ändere, habe sie doch die Sorge, dass dies als nächstes durch den Bund in Frage gestellt werde, so Scharf weiter.

Die Vorsitzende der Frauenunion, Annette Widmann-Mauz (CDU), erklärte: „§ 219a StGB ist Teil eines Schutzkonzeptes, zu dem das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber in § 218 StGB verpflichtet hat und mit dem eine jahrzehntelange Diskussion befriedet wurde. Es ist gerade nicht frauenfeindlich, sondern unterstützt Frauen darin, eine informierte, überlegte, selbstbestimmte Entscheidung zu treffen.“ Die Bundesregierung habe jetzt im Kabinett den Gesetzentwurf zur Abschaffung des § 219a StGB verabschiedet und rolle nun die schwierige Debatte zum Thema Schwangerschaftsabbruch neu auf. „Eine Kommission soll Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen. Die Aufhebung des Werbeverbots soll also nur der erste Schritt sei. Ein riskanter Weg, der droht, den Schutz des Lebens des Ungeborenen immer mehr aus dem Blick zu verlieren.“

§ 219a StGB: Katholische Verbände fürchten Verschiebung zu Lasten des Lebensschutzes

Köln. Die Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), Mechthild Heil, hat Kritik an der geplanten Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch geäußert. Wenn Bundesrat und Bundestag dem Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann zur Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen endgültig mehrheitlich zustimmen, sei dies ein erster Schritt zur Aufhebung eines gesellschaftlichen Konsenses. „Dieser hat bisher den bestmöglichen Schutz des ungeborenen Lebens bieten können“, so Heil. Auch bisher erhielten Frauen über die verpflichtende Beratung die notwendigen Informationen zu Personen und Institutionen, die Schwangerschaftsabbrüche vornähmen. Befürworter der Abschaffung des § 219a StGB nähmen „eine mögliche Spaltung unserer Gesellschaft in Fragen des Schwangerschaftsabbruchs in Kauf. Schwangeren Frauen, die eine so folgenschwere Entscheidung treffen müssen, ist mit diesem politischen Schritt nicht geholfen“, so die KFD-Vorsitzende.

Mit „großer Skepsis und Sorge“ blickt auch das Kolpingwerk Deutschland auf die von der Bundesregierung geplante Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen. Nach Ansicht des Bundesvorstandes verschiebe dessen Abschaffung „die Prioritäten zu Ungunsten des ungeborenen Lebens und damit zu Lasten des Lebensschutzes“. Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen müssten die Fragen einer flächendeckend sichergestellten kompetenten Beratung sowie einer den Bedürfnissen der Betroffenen entsprechenden Versorgungslage ins Zentrum rücken. Hier sehe der Bundesvorstand die Regierung in der Pflicht, die Beratungsangebote dauerhaft rechtlich abzusichern und für die Beratungsstellen beste Rahmenbedingungen zu schaffen. „Zielsetzung muss sein, die Beratungsstellen als den genuinen Ort kompetenter Informationen für schwangere Frauen in Konfliktsituationen zu erhalten und auszuweiten sowie professionelle medizinische Beratung deutlich von Werbung abzugrenzen“, heißt es in einer Erklärung des Bundesvorstands. Der besondere grundgesetzliche Schutz vom Anfang bis zum Ende des Lebens sei „eine Frage der Menschenwürde, die auch jedem ungeborenen Leben zusteht“. Abtreibungen dürften daher „nicht als normale medizinische Dienst- und Regelleistung betrachtet werden“.

ALfA-Bundesvorsitzende Kaminski: Lebensschutz muss mehr als hohle Phrase sein

Augsburg. Anlässlich der vom Bundeskabinett beschlossenen Aufhebung des § 219a Strafgesetzbuch erklärte die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V., Cornelia Kaminski, in Augsburg: „Für das Lebensrecht ungeborener Menschen in Deutschland ist das ein schwarzer Tag. Mit der Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen wird ein essenzieller Baustein im Schutzkonzept für das ungeborene Leben geschliffen. Wie der Schutz des ungeborenen Lebens nicht beeinträchtigt werden soll, wenn die Werbung dafür erlaubt wird, bleibt das Geheimnis von Bundesjustizminister Marco Buschmann, ebenso wie seine steile Behauptung, diejenigen, die eine bestimmte Dienstleistung anbieten, würden hierüber auch die objektivste und sachlichste Information anbieten. Ganz deutlich wird dies, wenn man sich die Informationen anschaut, die Deutschlands bekannteste Abtreibungsärztin Kristina Hänel auf ihrer Website zur Verfügung gestellt hat und in denen sie mit keiner Silbe von einem ungeborenen Menschen redet, sondern ausschließlich von Schwangerschaftsgewebe. Das ist medizinisch und wissenschaftlich völlig falsch, suggeriert aber, es gehe hier überhaupt nicht um ein menschliches Leben, sondern lediglich um ein paar Zellen. Damit wird ihre eigene Handlung, nämlich die Tötung dieses menschlichen Lebens, in ein völlig anderes, sehr viel positiveres Licht gerückt. Von Risiken und Nebenwirkungen ist in diesem Infoblatt überhaupt nicht die Rede.

Wie Werbung für Abtreibungen aussehen kann, macht auch Christian Fiala, Österreichs bekanntester Abtreibungsarzt, mit seinen Hinweisen in der Wiener U-Bahn deutlich. Auf Plakaten ist dort zu lesen: ,Es kann jeder Frau passieren, dass sie ungewollt schwanger wird. Wir sind aber nicht verpflichtet uns dafür zu schämen.‘ Darunter werden die Kontaktdaten der Abtreibungspraxis genannt. Die Botschaft ist klar: ,Du musst dich nicht schämen, dass du ungewollt schwanger geworden bist. Du musst dich nur schämen, wenn du das Kind auch bekommst. Das lässt sich aber verhindern.‘ Mag sein, dass es Buschmann gelingt, dass in Deutschland nicht in gleicher Weise für Abtreibungen geworben werden darf. Eins steht jedoch fest: eine Tat, für die geworben werden darf – und nur die Werbung dafür wird vom § 219a verboten, nicht jedoch die Information darüber – kann schlechterdings keine Straftat sein. Eine Aufhebung des § 218 ist also die eine logische Konsequenz. Die zweite unmittelbare Folge ist die weitere Verharmlosung der Tötung ungeborenen Lebens, die hier von staatlicher Seite vorgenommen wird und damit den Menschen suggeriert: Es ist völlig in Ordnung, wenn Du abtreibst. Es spricht nichts dagegen, das ungeborene Kind zu töten, man darf sogar für diese Handlung werben. Man stelle sich vor, es ginge hier nicht um ungeborene Kinder, sondern um den Klimawandel – und Minister Buschmann hätte formuliert: ,Es ist völlig in Ordnung, für einen höheren CO2-Ausstoß zu werben. Das ändert nichts am Klimaschutz.‘ Der Aufschrei weiter Bevölkerungsteile wäre ihm sicher gewesen.“

Bundeskabinett beschließt Aufhebung des Verbots der Werbung für vorgeburtliche Kindstötungen

Berlin. Das Bundeskabinett hat den von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a Strafgesetzbuch – StGB) beschlossen. Am 9. März erklärte dazu Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP): „Mit dem heute im Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Vorschrift des § 219a Strafgesetzbuch gehen wir einen wichtigen Schritt für die Selbstbestimmung der Frauen in Deutschland. Wir wollen, dass Frauen sich über Methoden und mögliche Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs bestmöglich informieren können. Für einige Frauen führt der Weg direkt zur Ärztin oder zum Arzt ihres Vertrauens. Andere suchen erst eine Ärztin oder einen Arzt sowie Rat im Internet. Wir möchten, dass den Frauen in Deutschland beide Wege offenstehen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass ausgerechnet Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und damit am besten sachlich informieren können, nach der derzeitigen Rechtslage eine Strafverfolgung befürchten müssen, wenn sie Informationen zur Verfügung stellen. Das passt nicht in unsere Zeit. Sachliche Information von Ärztinnen und Ärzten über einen Schwangerschaftsabbruch sollen daher nicht länger strafbar sein. Zugleich ist aber auch klar: Gegen anpreisende und anstößige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche bleiben andere Rechtsnormen in Kraft. Und auch am geltenden Schutz ungeborenen Lebens ändert sich nichts.“


Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 des StGB vornähmen, müssen bisher u.a. mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, wenn sie sachliche Informationen über den Ablauf und die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs öffentlich, etwa auf ihrer Homepage, bereitstellten. Sie seien auch gehindert, auf diese Weise bekannt zu geben, welche Methode des Schwangerschaftsabbruchs sie anböten. Betroffene Frauen werde hierdurch zum einen der ungehinderte Zugang zu sachgerechten fachlichen Informationen über den sie betreffenden medizinischen Eingriff und zum anderen das Auffinden einer geeigneten Ärztin oder eines geeigneten Arztes erschwert. Dies behindere den Zugang zu fachgerechter medizinischer Versorgung sowie die freie Arztwahl und verletzt das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung der Frau.


Mit dem nun beschlossenen Regierungsentwurf soll die Strafvorschrift der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch in § 219a StGB aufgehoben werden. Mit der Aufhebung solle zum einen erreicht werden, dass sich betroffene Frauen besser informieren könnten. Denn die Bereitstellung von Informationen gerade durch Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, auch außerhalb eines persönlichen Beratungsgesprächs, stellten für sie eine wichtige Entscheidungshilfe dar. Ärztinnen und Ärzte müssten Frauen in dieser schwierigen Situation unterstützen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen.
Eine begleitende Änderung des Heilmittelwerbegesetzes solle gewährleisten, dass Werbung für medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche künftig nur unter den Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes erlaubt werde. Irreführende oder abstoßende Werbung für alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen bleibe weiterhin verboten.
Durch eine neue Regelung im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch sollen strafgerichtliche Urteile wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch, die nach dem 3. Oktober 1990 ergangen sind, aufgehoben und die Verfahren eingestellt werden. Verurteilte Ärztinnen und Ärzte sollen so von dem ihnen anhaftenden Strafmakel befreit werden, der sie mit Blick auf ihr Berufsethos besonders belaste.


Der Regierungsentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und anschließend an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.