Kein Freispruch

Frankfurt. Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hat am Mittwoch (3.7.) das Urteil des Landgerichts Gießen gegen die wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a Strafgesetzbuch) bereits in zwei Instanzen verurteilten Gießener Allgemeinärztin Kristina Hänel wieder aufgehoben. Wie das Online-Portal der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ meldet, sei damit jedoch „anders als mancherorts kolportiert, kein Freispruch verbunden“.

Das Amtsgericht Gießen hatte Hänel wegen unerlaubter Werbung für Abtreibungen auf ihrer Praxishomepage am 24. November 2017 zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. Dagegen hatte Hänel Berufung eingelegt. Das Landgericht Gießen verwarf die Berufung im Oktober 2018 und bestätigte stattdessen das Urteil des Amtsgerichts. Daraufhin beantragte Hänel Revision beim OLG Frankfurt.

Das OLG begründet seine Entscheidung nun damit, dass es bei der Überprüfung des langgerichtlichen Urteils die inzwischen eingetretene Reform des § 219a zu berücksichtigen gehabt hätte. Es könne nicht ausgeschlossen werden können, dass die Neufassung des § 219a StGB zu einer für die Angeklagten günstigeren Bewertung führe. Das Verfahren werde daher zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Gießen verwiesen (Az 1Ss 15/19).

Hänel selbst ist über die OLG-Entscheidung jedoch unglücklich. Über ihren Twitter-Account ließ die mit Gratulationen überhäufte Ärztin, die ihren Fall bis vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen will, wissen: „Da ich immer noch mit Glückwünschen überhäuft werde: Für mich bedeutet der Beschluss des OLG ,Penalty Box’ = zwei Runden extra laufen ….“

Hätte das OLG das Urteil des Landgerichts Gießen bestätigt, wäre für Hänel der Weg zum Bundesverfassungsgericht frei gewesen. Nun muss das Landgericht Gießen den Fall noch einmal verhandeln und dabei insbesondere prüfen, ob die neue Rechtslage, ein milderes Strafmaß zulässt. Die von Hänel angestrebte Klärung, ob das Werbeverbot für Abtreibungen gegen die Verfassung verstößt, wird daher wohl noch länger auf sich warten lassen.

Werbung für Abtreibung: Amtsgericht verurteilt Berliner Ärztinnen

Berlin. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat zwei Berliner Ärztinnen wegen des Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a Strafgesetzbuch) zu einer Geldstrafe von jeweils 2.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Das berichten zahlreiche Medien.

 

Demnach hatten die beiden 56 und 52 Jahre alten Ärztinnen auf der Webseite ihrer Gemeinschaftspraxis unter der Rubrik „Leistungsspektrum“ mit dem Satz „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch gehört zu den Leistungen“ unerlaubt für die Vornahme von Abtreibungen geworben.

 

Wie die Richterin Christine Mathiak in der Urteilsbegründung ausführte, hätten die beiden Ärztinnen dadurch einen Vermögenvorteil erzielt. Bei der Zumessung des Strafmaßes blieb Mathiak allerdings deutlich unter den von der Staatsanwaltschaft jeweils geforderten 7.500 Euro. „Die Sachlage ist einfach“, zitierte der Nachrichtensender „N-TV“ die Richterin. Auch nach der Reform des Paragrafen 219a StGB sei es nicht erlaubt, die Methode der Abtreibung auf der eigenen Website zu nennen. Die Ärztinnen hätten dort lediglich angeben dürfen, dass sie auch Abtreibungen durchführen.

 

Die Richterin machte N-TV zufolge auch deutlich, dass sie das Gesetz keineswegs für verfassungswidrig halte. Allerdings sei das durch die Ärztinnen verübte Unrecht nur „sehr, sehr gering“.

 

Nach monatelangem Streit hatte der Deutsche Bundestag Ende Februar eine Reform des Werbeverbots für Abtreibungen beschlossen. Dabei wurde der § 219a Strafgesetzbuch um einen neuen Absatz 4 erweitert, der zusätzliche Ausnahmetatbestände vom Werbeverbot für Abtreibungen enthält. Danach können Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtung nun auch öffentlich darauf hinweisen, dass sie Abtreibungen durchführen. Für weiter gehende Informationen, wie Methoden, Risiken und anderes mehr müsse sie jedoch auf staatlich organisierte Informationsangebote verlinken.

Kaminski kritisiert kulturloses Trauerspiel

Fulda. Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle, Cornelia Kaminski, hat den Auftritt der beiden Abtreibungen vornehmenden Ärzte, Kristina Hänel und Friedrich Stapf, an den Münchener Kammerspielen kritisiert. In einer Pressemitteilung erklärte Kaminski am Vortrag der Veranstaltung (7.6.): „Deutschlands bekannteste Abtreibungsärzte bekommen ein Podium in den Münchener Kammerspielen – am morgigen Freitag reden sie über den § 219a StGB. Im Ankündigungstext heißt es: ,Gemeinsam sprechen sie mit der Autorin und Aktivistin Sarah Diehl über die reproduktiven Rechte von Frauen und Menschen mit Uterus.’ Andersdenkende sind in dieser Runde unerwünscht.“

Wie hoch der Unterhaltungswert der Beteiligten sei, wolle sie dahingestellt lassen. „Dem Bildungsauftrag eines Theaters kommt jedoch das Podiumsgespräch ganz sicher nicht nach: es ist nichts anderes zu erwarten als die Inszenierung von Positionen, die bereits sattsam bekannt sind“, so Kaminski weiter.

„Zunächst spricht man Menschen ihr Menschsein ab – entgegen allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Und dann nimmt man sich das Recht heraus, sie zu töten. Mit Kultur hat das sehr wenig zu tun.“ Warum ein aus Steuermitteln finanzierter Kulturbetrieb der verfassungs- und grundgesetzwidrigen Einstellung von Stapf und Hänel ein Podium biete, bleibe das Geheimnis des Münchener Kulturreferats, kritisierte Kaminiski.

Wer Frauen wirklich helfen wolle, töte nicht ihre Kinder, sondern reiche ihnen die Hand. Die Frauen, die in Frau Hänels oder Herrn Stapfs Praxis gingen, kämen mit denselben Problemen wie vorher wieder heraus, nur ohne ihre Kinder. „Die Verantwortlichen der Münchener Kammerspiele haben soviel Respekt vor Menschen mit Uterus, dass sie ihnen sogar eine extra Anrede widmen, für den Fall, dass diese sich nicht als Frau fühlen. Aber sie haben keinerlei Respekt, Achtung oder auch nur Mitleid mit den Menschen, die sich in einem Uterus befinden“, so Kaminski abschließend.

Die Aktion Lebensrecht für Alle e.V. ist eine der größten Lebensrechtsorganisationen in Europa und beteiligt sich seit Jahrzehnten auf vielfältige Weise am politischen Meinungsbildungsprozess. Sie tritt für das uneingeschränkte Lebensrecht jedes Menschen ein – ob vor oder nach der Geburt, mit oder ohne Krankheit und Behinderung, alt oder jung.

 

Die ALfA hat rund 11.000 Mitglieder und ist Mitglied im Bundesverband Lebensrecht (BVL) e.V.

 

Kristina Hänel erhält Auszeichnung im Marburger Rathaus

Marburg. Die Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel wird mit dem „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ ausgezeichnet. Das berichtet der „Gießener Anzeiger“. Der Bericht beruft sich auf eine Pressemittelung der Stadt Marburg. Ihr zufolge findet die offizielle Preisverleihung am 9. Juli im Marburger Rathaus statt.

Wie es in der Pressemitteilung weiter heißt, erhalte die Allgemeinmedizinerin die undotierte Auszeichnung „für ihren Einsatz für den freien Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu schaffen.“ Neben Hänel erhält auch die Ärztin Ruby Hartbrich für ihren ehrenamtlichen Einsatz auf dem Rettungsschiff „Sea Watch“ im Mittelmeer das „Marburger Leuchtfeuer“.

 

Wie Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (SPD) erklärt, zeichne die Stadt Marburg „zwei mutige Frauen aus, zwei Medizinerinnen, die ihren Dienst an der Gesundheit richtungsweisend und beispielgebend an moralischen und ethischen Grundsätzen ausrichten. Kristina Hänel verteidige „das Recht von Frauen auf Selbstbestimmung über ihren Körper. Mit ihrer Haltung und ihrem konsequenten Handeln hat sie das Thema zurück in die breite gesellschaftliche Diskussion und rechtliche und gesellschaftliche Fortschritte entscheidend mit vorangebracht“, so Spies weiter.

 

Hänel wurde im November 2017 vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Webseite fortgesetzt und unbelehrbar gegen das Werbeverbot für Abtreibungen verstieß. Im Oktober vergangenen Jahres scheiterte die Ärztin, die bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen will, auch dem Gießener Landgericht mit einer Berufungsklage.