Expertenanhörung im Bundestag: Sachverständige streiten über Werbeverbot

Berlin. Die vom Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz durchgeführte Anhörung zum § 219a Strafgesetzbuch hat erwartungsgemäß zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Streichung oder des Erhalts des Werbeverbots für Abtreibung geführt. Das berichten übereinstimmend unterschiedliche Medien. Während die von CDU/CSU und der AfD berufenen Sachverständigen sich ausnahmslos für den Erhalt des Werbeverbots für vorgeburtliche Kindstötungen aussprachen, plädierten die von den Linken und Bündnis 90/Die Grünen ins Rennen geschickten Experten für dessen Streichung. Der von der FDP benannte Sachverständige, der Kölner Strafrechtler Thomas Weigend, plädierte – analog zum Gesetzentwurf der FDP – für eine Novellierung des Paragrafen, mit dem Ziel nur noch „grob anstößige“ Werbung für Abtreibungen strafrechtlich zu ahnden.

So betonten sowohl die Stellvertretende Leiterin des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Katharina Jestaedt als auch die Geschäftsführerin des Vereins „Donum vitae“, Andrea Redding, der Paragraf 219a sorge dafür, dass vorgeburtliche Kindstötungen im öffentlichen Bewusstsein nicht als „normale“ medizinische Leistungen betrachtet werden könnten. Der Augsburger Strafrechtler Michael Kubiciel führte aus, dass der Paragraf 219a gleich in mehrfacher Hinsicht dem Lebensschutz diene. Nicht nur, weil „Werbung für“ sowie das „öffentliche Anbieten“ von Abtreibungen den Entschluss zu einem Schwangerschaftsbruch festigen oder gar erst hervorbringen könne, sondern auch, weil er Frauen „vor der Kommerzialisierung ihrer Notlage“ schütze, die dem Lebensschutz dienen sollende Beratung „flankiere“ und – wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt – im Strafrecht zum Ausdruck bringe, dass eine Abtreibung kein „normaler Vorgang“ sei.

Der Mannheimer Gynäkologe Michael Kiworr, Mitglied der „Ärzte für das Leben“, der von der AfD als Sachverständiger benannt worden war, zeigte, dass eine Abgrenzung von Werbung und Information – anderes als wiederholt behauptet – sehr wohl möglich sei. Zwar könne auch Werbung Informationen enthalten, doch ließen sich – mit Blick auf den Initiator – diese auch dann auseinander halten. Wo Information gesucht werde, liege die Initiative beim Suchenden. Werde hingegen geworben, liege die Initiative beim Werbenden.

Dagegen sprachen sich Daphne Hahn von Bundesverband Pro Familia, die Berliner Gynäkologin Christiane Tennhardt sowie die Juraprofessoren Ulrike Lembke vom Deutschen Juristinnenbund und der Hamburger Strafrechtler Reinhard Merkel für die Streichung des § 219a aus.

  
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