§ 219a: Prozess am Amtsgericht Kassel unterbrochen

Kassel. Der am Mittwoch (29.8.) vor dem Amtsgericht Kassel begonnene Prozess gegen zwei Frauenärztinnen, denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, gegen das Werbeverbot für Abtreibungen zu verstoßen, ist ergebnislos unterbrochen worden. Medienberichten zufolge stellte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen den mit dem Verfahren betrauten Amtsrichter. Der hatte zuvor einen Antrag der Verteidigung abgelehnt, den Wiener Gynäkologen Christian Fiala als Sachverständigen zu laden. Fiala war Jahre lang Vorsitzender der „Internationalen Vereinigung von Fachkräften und Verbänden zu Schwangerschaftsabbruch und Kontrazeption“ (FIAPC), die sich die Durchsetzung eines „Rechts auf Schwangerschaftsabbruch für alle Frauen“ zum Ziel gesetzt hat.

Die Staatsanwaltschaft bewertete den Befangenheitsantrag als unbegründet. Sie wirft den Gynäkologinnen Natascha Nicklaus und Nora Szasz vor, auf der Webseite ihrer Gemeinschaftspraxis gegen das Werbeverbot für Abtreibungen zu verstoßen. Nun muss ein anderer Richter über den Befangenheitsantrag entscheiden.

Nach Ansicht der Bundesvorsitzenden der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), Alexandra Linder, ist die Sachlage „eindeutig“. Linder hatte zum Prozessauftakt erklärt, auf ihrer Internetseite würben Szász und Nicklaus unter der Rubrik ,Ambulante Operationen’, damit, dass sie einer nahegelegenen Tagesklinik auch Schwangerschaftsabbrüche durchführten. Damit liegt ein Verstoß gegen den § 219a StGB vor.

Linder widerspricht Montgomery

Wiesbaden. In Deutschland gibt es immer weniger Arztpraxen und Kliniken, die vorgeburtliche Kindstötungen durchführen. Das berichten verschiedene Medien unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. Demnach ist die Zahl der Einrichtungen, die Abtreibungen anbieten, von 2.000 im Jahr 2003 um 800 (40 Prozent) auf 1.200 zurückgegangen. Als erster hatte darüber das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ in einem am 23. August ausgestrahlten Beitrag berichtet.

Nach Ansicht des Präsidenten der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery ist für diese Entwicklung der Druck „militanter Abtreibungsgegner“ verantwortlich. „Kontraste“ sagte Montgomery: „Wir haben großes Verständnis für jeden Arzt, der unter den derzeit herrschenden Bedingungen keine Schwangerschaftsabbrüche vornehmen möchte. Wir würden sehr begrüßen, wenn die Politik sicherstellt, dass Ärzte betroffene Frauen nach medizinischen Standards versorgen können, ohne von sogenannten ‚Lebensschützern’ diffamiert und in der Ausübung ihres Berufes zum Teil massiv gestört werden.“

Die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), Alexandra Linder, wies die Einschätzung Montgomerys als „blanken Unsinn“ zurück. Der Evangelischen Nachrichtenagentur „idea“ sagte Linder: „Es gibt in Deutschland keine militanten Lebensschützer“. Was es gebe, seien jedoch viele Hilfsangebote, die Frauen in Schwangerschaftskonflikten überzeugten, ihr Kind auszutragen. Zudem führe die engagierte Öffentlichkeitsarbeit der Lebensrechtler dazu, dass immer weniger junge Ärzte noch Abtreibungen vornehmen wollten. „Die Abtreibungskliniken finden keinen Nachwuchs“, zitiert „idea“ Linder.

Am 22. September lädt der BVL wieder zum diesjährigen „Marsch für das Leben“ nach Berlin.

§ 219a: Hänel will bis nach Karlsruhe gehen

Gießen. Die Gießener Ärztin Kristina Hänel will bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen, um eine Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen (§ 219a Strafgesetzbuch) zu erreichen. Das erklärte Hänel in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“. Das Amtsgericht Gießen hatte Hänel im November 2017 wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. Gegen das Urteil hatte Hänel Berufung eingelegt. Am 6. September wird der Fall nun vor dem Landgericht Gießen verhandelt.

Linder kritisiert „chrismon“-Porträt „Die Retterin“

Weuspert. In einem Kommentar für die Evangelische Nachrichtenagentur „idea“ hat die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), Alexandra Linder, scharfe Kritik an einem Porträt über die wegen unerlaubter Werbung für vorgeburtliche Kindstötungen verurteilte Gießener Ärztin Kristina Hänel im EKD-Monatsmagazin „chrismon“ geübt. Das von „chrismon“-Chefredakteurin Ursula Ott verfasste und in der August-Ausgabe erschiene Porträt trägt den Titel „Die Retterin“.

Das Amtsgericht Gießen hatte Hänel Ende November wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a StGB) zur Zahlung einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. Hänel hat dagegen Berufung eingelegt.

Linder zufolge suggeriert „chrismon“ mit der „Homestory“ über eine Frau, „die ihr Geld vor allem mit der tödlichen Beseitigung von Kindern vor der Geburt verdient, dass eine großmütige, menschenfreundliche Heldin zu Unrecht vor Gericht gezerrt werde.

Hänel, die wie Linder vermerkt, keine gynäkologische Facharztausbildung besitze, könne sich als Abtreibungen vornehmende Ärztin mit ihrer Praxis dennoch bei jeder Schein-Beratungsstelle registrieren lassen und brauche keine Werbung. Auch könne sie „100 Internetseiten erstellen, wenn sie den Eindruck hätte, dass es an sachlicher Information  zum Thema Abtreibung fehlt – nur ohne den Hinweis, dass man in ihrer Praxis abtreiben kann“.

„Chrismon“ mache sich „zum Handlanger von Ideologen“, eines falschen Hilfeverständnisses und einem Denken, „das eine Gruppe von Menschen willkürlich aus den Menschenrechten ausgrenzen will“. Für ein christliches Magazin sei das „ein hanebüchenes Unterfangen“, kritisiert Linder.

Wie „idea“ meldet, wird das EKD-Monatsmagazin „chrismon“ mit einer Auflage von 1,6 Millionen Exemplaren überregionalen und regionalen Zeitungen beigelegt.