Ampelvertrag: Bundesverband Lebensrecht kritisiert „ethischen Rückschritt“

Berlin. Der „Bundesverband Lebensrecht“ (BVL) hat zu dem von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Koalitionsvertrag Stellung bezogen. Wir dokumentieren nachfolgend die Stellungnahme der BVL-Vorsitzenden Alexandra Linder ungekürzt und im Wortlaut:

„Der erste Satz des Abschnitts ,Reproduktive Selbstbestimmung‘ klingt verheißungsvoll: ,Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen.‘ Im Text jedoch steht nichts von der Stärkung der Frauen zur Durchsetzung ihres Kinderwunsches gegen den Druck der Männer – dieser Druck ist bei etwa zwei Drittel bis drei Viertel der Frauen ein wesentlicher Grund für eine Abtreibung.

Nichts steht im Text zum Schutz vorgeburtlicher Mädchen, damit sie nicht wegen Geschlechterdiskriminierung abgetrieben werden. Nichts steht darin zum Schutz vorgeburtlicher Mädchen (und Jungen) davor, wegen einer Behinderung oder Krankheit aussortiert und getötet zu werden. Nichts steht darin von unvollständigen Beratungen, die dazu führen, dass manche Frauen erst vor der Abtreibungseinrichtung erfahren, dass es Alternativen zur Abtreibung und Hilfsangebote gibt – dieses Nothilfeangebot oder friedliche Gebete für Frauen, Kinder und Abtreibungspersonal als ,Gehsteigbelästigung‘ zu bezeichnen, ist böswilliges Negativ-Framing und entmündigt die Frauen, die durchaus selbstbestimmt in der Lage sind, Gesprächs- und Hilfsangebote anzunehmen oder abzulehnen. Nichts steht im Text davon, dass man mit ,telemedizinisch‘ betreuter Beratung und Abtreibung zu Hause Gesundheitsrisiken bewusst in Kauf nimmt (zum Beispiel bei Eileiterschwangerschaft, Rhesusunverträglichkeit, falschen Angaben des Kindesalters etc.) und der Vertuschung von Missbrauch und Abtreibungszwang Vorschub leistet.

Allein wissenschaftlich und medizinisch ist es unhaltbar, Abtreibung als Gesundheitsversorgung und damit Schwangerschaft als Krankheit zu deklarieren, Kinder vor der Geburt zu entmenschlichen und als Gebärmutterinhalt oder Fruchtblase zu bezeichnen – womit Abtreibungsexperten in ihren künftig erlaubten Werbebroschüren seit vielen Jahren illegal die Frauen belügen.

Dieser ethische Rückschritt wurde in keiner Diskussion und auch bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages nicht thematisiert. Kein Wunder: Mit einem solchen ,Fortschritt‘ ist kein Staat zu machen. Die Autoren des Koalitionsvertrages wollen offenbar noch mehr als 100.000 Abtreibungen jährlich. Sie kapitulieren vor echten Herausforderungen und machen sich eine Ideologie zu eigen, die an der Wirklichkeit der Menschen vollkommen vorbeigeht, Frauen künftig noch weniger unterstützt und weitere Millionen Mädchen und Jungen der vorgeburtlichen Tötung preisgibt – gegen alle Vernunft, gegen die Erkenntnisse der Embryologie, gegen die Menschenrechte.“

ALfA-Bundesvorsitzende: Die Schwächsten haben in der Ampelkoalition keinen Anwalt

Augsburg. Zu dem von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP am 24. November vorgestellten Koalitionsvertrag nahm die Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA) e.V., Cornelia Kaminski, tags darauf in Augsburg in Form einer Pressemitteilung Stellung. Wir dokumentieren diese nachfolgend im Wortlaut:

„Deutschland ist auf dem Weg in den Unrechtsstaat. Traurig, aber wahr. Anders lässt sich das für Lebensrechtler zentrale Kapitel ,Reproduktive Selbstbestimmung‘ (S. 115f) in dem gestern von den Ampelparteien vorgelegten Koalitionsvertrag bedauerlicherweise nicht zusammenfassen.

Die dort zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabredete Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch (§ 219a) etikettiert vorgeburtliche Kindstötungen zu einem normalen Mittel der Geburtenregelung um und versieht sie mit einem Schutzanstrich, der den Anschein der Legalität erwecken soll. Denn klar ist: Ein Akt, für den ge- und der beworben werden darf, kann unmöglich zugleich noch länger ein rechtswidriger sein. In Kombination mit der beabsichtigten Prüfung einer Regulierung vorgeburtlicher Kindstötungen außerhalb des Strafgesetzesbuch stellt das Vorhaben daher einen brutalen Angriff auf das in Artikel 2 Absatz 2 verbürgte ,Recht auf Leben‘ dar. Wenn es dort heißt: ,Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit‘ so ist nun klar: Nach Ansicht der Ampelkoalitionäre schließt ,jeder‘ offensichtlich nicht länger auch ungeborene Kinder ein. Mehr noch: Durch das geplante gesetzliche Verbot friedlicher Demonstrationen vor Abtreibungseinrichtungen soll Lebensrechtlern nun auch noch die Möglichkeit genommen werden, auf das Unrecht der Tötung unschuldiger und wehrloser Menschen an den Stätten dieses inhumanen Geschehens selbst hinzuweisen.

Bei Licht betrachtet gestehen die Ampelkoalitionäre damit zugleich ein, dass ihnen der Unrechtscharakter ihrer Vorhaben durchaus bewusst ist. Denn wären vorgeburtliche Kindstötungen rechtlich legitim und ethisch über jeden Zweifel erhaben, dann stellten friedliche, angemeldete Demonstration und abweichende Meinungsäußerungen für niemanden ein Problem dar, schon gar keines, dass die Beschneidung weiterer Grundrechte wie das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit erforderlich machte. Strategien, wie sie die Ampelparteien in ihrem Entwurf für einen Koalitionsvertrag verfolgen, kennen Deutsche bisher nur aus Diktaturen.

Damit nicht genug. Mit der geplanten massiven Förderung der Reproduktionsmedizin sowie der vorgesehenen Legalisierung von Eizellspende und Leihmutterschaft, die ohne ein Schleifen des ohnehin längst löchrig gewordenen Embryonenschutzes bis auf die Fundamente gar nicht möglich sein wird, wird das Kind zu einem x-beliebigen Produkt herabgewürdigt, das sich Erwachsene in welcher Konstellation auch immer zulegen, wann und wie sie wollen, oder auch wieder durch Abtreibung entsorgen, falls sie es sich anders überlegt haben.

Mit der Kostenübernahme für die Präimplantationsdiagnostik und Legalisierung des elektiven Single Embryo Transfer (SET) wird Deutschlands Weg in eine eugenische Gesellschaft sowie in eine menschliche Embryonen verbrauchende Forschung vorgezeichnet.

Es ist überaus bedauerlich, dass die Ampelkoalitionäre offensichtlich der Auffassung sind, ein derart massiver Dehumanisierungsschub lasse sich allen Ernstes noch unter der Überschrift ,Mehr Fortschritt wagen‘ subsumieren. Die Aktion Lebensrecht (ALfA) verspricht den Ampelkoalitionären darum, diesen Weg mit der gebotenen Aufmerksamkeit kritisch zu begleiten und rechtlich überprüfen zu lassen.“

Ampelparteien legen Koalitionsvertrag vor: Streichung des § 219a StGB u.v.m.

Berlin. Am 24. November haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ihren 177 Seiten umfassenden Entwurf eines Koalitionsvertrags vorgestellt. Der Entwurf trägt den Titel: „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“.

Auf den Seiten 115 und 116 findet sich unter der Überschrift „Reproduktive Selbstbestimmung“ Vereinbarungen, die Lebensrechtlern besonders interessieren dürften. Wir dokumentieren daher die zwischen den Ampelparteien verhandelten Vereinbarungen nachfolgend ungekürzt und im Wortlaut:

„Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.

Wir wollen Krankenkassen ermöglichen, Verhütungsmittel als Satzungsleistung zu erstatten. Bei Geringverdienenden werden die Kosten übernommen. Wir wollen die Forschungsförderung für Verhütungsmittel für alle Geschlechter anheben.

Wir wollen ungewollt Kinderlose besser unterstützen. Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination, unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand und sexueller Identität förderfähig sein. Die Beschränkungen für Alter und Behandlungszyklen werden wir überprüfen. Der Bund übernimmt 25 Prozent der Kosten unabhängig von einer Landesbeteiligung. Sodann planen wir, zu einer vollständigen Übernahme der Kosten zurückzukehren. Die Kosten der Präimplantationsdiagnostik werden übernommen. Wir stellen klar, dass Embryonenspenden im Vorkernstadium legal sind und lassen den „elektiven Single Embryo Transfer“ zu.

Wir setzen eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ein, die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird.“

Justizminister Buschmann legt Referentenentwurf für Streichung des § 219a StGB vor

Berlin. Das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a) soll aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Das erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Montagnachmittag im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin. Mit der Aufhebung des Strafrechtsparagrafen wolle die Ampelkoalition einen „unhaltbaren Rechtszustand“ beenden. Derzeit müssten Ärzte, die auf ihren Internetseiten angäben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführten und welche Methoden dabei zum Einsatz kämen, mit strafrechtlichen Ermittlungen und Verurteilungen rechnen.

Niemand müsse „Sorge haben, dass ungeborenes Leben nicht auch weiterhin geschützt“ sei. Auch am „Schutzkonzept“ ändere die Aufhebung des Paragrafen nichts. Nach wie vor sei der Schwangerschaftsabbruch „grundsätzlich strafbar.“ Eine „Strafbefreiung“ gäbe es auch künftig nur, „wenn eine Schwangerenkonfliktberatung stattfindet“, so Buschmann.

Auf Nachfrage zeigte sich Buschmann zuversichtlich, dass der von seinem Ministerium vorgelegte Gesetzentwurf verfassungsrechtlich Bestand haben werde. Das Vorhaben sei in seinem Haus „sehr gut geprüft“ worden. Auch sei der § 219a StGB „nicht Teil des verpflichtenden Schutzkonzeptes“. Buschmann: „In den entsprechenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wird auf diese Norm nicht einmal ausdrücklich Bezug genommen.“

Dagegen äußerte die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker Zweifel daran, dass die Streichung des § 219a StGB mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vertrat sie die Ansicht, mit den geplanten Änderungen „wäre das Mindestmaß an Schutz, das das Bundesverfassungsgericht verlangt, wohl unterschritten“.

Der Gesetzentwurf soll nun noch mit den anderen Ressorts der Bundesregierung abgestimmt werden. Die Ampelkoalitionäre hatten sich in ihrem am 24. November vorgestellten Koalitionsvertrag auf die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB verständigt. Wörtlich heißt es dort: „Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.“