§ 219a: FDP will doch nicht klagen

Berlin. Die FDP will die Reform des § 219a Strafgesetzbuch nun doch nicht vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Das berichten zahlreiche Medien unter Berufung auf den stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae. „Wir haben die Erfolgsaussichten prüfen lassen und bewerten sie als sehr gering. Deshalb werden wir diese Bemühungen nicht weiter verfolgen“, zitiert etwa das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ Thomae. Ende Februar hatte Thomae eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht in Aussicht gestellt und die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Linke eingeladen, sich den Liberalen anzuschließen. Eine Normenkontrollklage des Bundestags muss von einem Viertel der Bundestagsabgeordneten erhoben werden.

Die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Cornelia Möhring, twitterte: Wenn die FDP beim Normenkontrollverfahren zum § 219a nicht mitzöge, wäre dies ein „derber unsolidarischer Schlag gegen alle, die für Selbstbestimmung arbeiten.“

Die frauenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Ulle Schauws, erklärte  in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit der rechtspolitischen Sprecherin der Fraktion, Katja Keul: „Wir würden es sehr bedauern, wenn die verfassungsrechtlichen Fragen unbeantwortet blieben.“ Die Politikerinnen hätten sich „gewünscht, dass das Verfassungsgericht die Gelegenheit bekommt, zu prüfen, ob die Strafbarkeit von Ärztinnen und Ärzten für eine sachliche Information, die der Staat selber zur Verfügung stellen will, diesen Ansprüchen genügt.“ Dass ausgerechnet die Liberalen sich mit der Strafnorm abfinden wollten, sei „nicht nachvollziehbar“. „Wenn es der FDP wirklich um Rechtssicherheit für Medizinerinnen und Medizinern und um die Informationsfreiheit für Frauen geht, sollte sie nochmal eingehend prüfen, ob das ihr letztes Wort ist“, erklärten Schauws und Keul.

Demonstration vor der SPD Zentrale in München

Bundesrat billigt Neufassung des § 219a Strafgesetzbuch

Berlin. Der Bundesrat hat die vom Bundestag beschlossene Reform des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche in § 219a Strafgesetzbuch gebilligt. Künftig dürfen Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen öffentlich darauf hinweisen, dass sie vorgeburtliche Kindstötungen durchführen. Ferner sollen sie auf staatlich organisierte Informationsangebote verweisen und verlinken können, die über Methoden, Risiken für die Schwangere und Ähnliches informieren. Außerdem sieht die Reform eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes vor. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass es künftig eine von der Bundesärztekammer erstellte und monatlich aktualisierte Liste mit Ärztinnen und Ärzten gibt, die mitteilen, dass sie vorgeburtliche Kindstötungen gemäß Paragraf § 218a Absatz 1 bis 3 durchführen. Diese Liste soll auch Angaben zu den von Ärzten dabei angebotenen Methoden enthalten. Die Liste wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht. Auch der bundesweit zentrale Notruf „Schwangere in Not“ sowie die Schwangerschaftsberatungsstellen und -konfliktberatungsstellen sollen Auskunft über die in der Liste enthaltenen Angaben erteilen können.

Darüber hinaus sieht der Gesetzesbeschluss vor, dass Krankenkassen die Kosten für die Anti-Baby-Pille zwei Jahre länger als bisher und damit bis zum 22. Lebensjahr übernehmen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier muss das Gesetz noch unterzeichnen, bevor es im Bundesgesetzblatt verkündet werden kann. Einen Tag später soll es in Kraft treten.

Kipping will Paragrafen 218 und 219a aus Strafgesetzbuch streichen

Berlin. Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat die SPD aufgefordert, sich für die Streichung der Paragrafen 218 und 219a aus dem Strafgesetzbuch einzusetzen. In einem Namensbeitrag für das „Neue Deutschland“ schreibt Kipping anlässlich des Internationalen Frauentages (8. März): „das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist ein Recht der Frau auf sexuelle Selbstbestimmung. Wenn eine Frau dieses Recht wahrnehmen will, wird sie in Deutschland aufgrund des Paragrafen 218 heute immer noch kriminalisiert – auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen von einer Strafe abgesehen wird. Dabei sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Frauen selbst entscheiden, wann sie schwanger werden und eben auch, wann sie eine ungewollte Schwangerschaft beenden wollen.“

„Aus Angst vor der Schikane rechter Fanatiker*innen“ nähmen immer weniger Praxen Abtreibungen vor. Das beträfe besonders „Frauen, die wenig Geld haben, nicht gut vernetzt sind oder nicht mal eben in einer Großstadt eine Arztpraxis erreichen können.“ Deshalb sei „die Streichung der Paragrafen 218 und 219a“ auch „eine Frage der Gerechtigkeit“. Scharfe Kritik äußert Kipping in diesem Zusammenhang auch an Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD). Diese habe bei der Reform des § 219a „am Informationsverbot für Ärztinnen und Ärzte“ festgehalten und sei damit „den vielen Frauen in den Rücken gefallen, die für das Recht kämpfen, über den eigenen Körper und das eigene Leben selbst entscheiden zu können“.

Der Allianz der „Gegner*innen vom Selbstbestimmungsrecht der Frauen“ reiche von „selbsternannten Lebensschützern fundamentalistischer Christinnen über weite Teil der CDU und CSU bis hin zur AfD“. „Rechte und Konservative in Deutschland und Europa“ versuchten, „teilweise erfolgreich, Abtreibung vollständig zu kriminalisieren“. Es sei daher „auch ein Kampf gegen rechte Ideologie, wenn Feminist*innen, gerade auch am Internationalen Frauentag, für die Streichung der Paragrafen 218 und 219a kämpfen. Die SPD täte gut daran, sich diesem Kampf endlich anzuschließen.“