Hänel erneut vor Gericht
Gießen. Am 12. Dezember muss sich die Gießener Abtreibungsärztin Kristina Hänel erneut vor dem Landgericht Gießen wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen verantworten.
Der Grund: Anfang Juli hatte das Oberlandesgericht Frankfurt ein bereits ergangenes Urteil des Landgerichts Gießen aufgehoben. Das hatte im Oktober 2018 in einem Berufungsverfahren ein Urteil des Amtsgerichts Gießen vom November 2017 bestätigt, das Hänel wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a Strafgesetzbuch) zur Zahlung einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt hatte. Gegen das Urteil des Landgerichts hatte Hänel Revision beim Oberlandesgericht Frankfurt beantragt. Das OLG begründete seinen Beschluss (Az. 1 Ss 15/19) damit, dass die Entscheidung des Landgerichts „aufgrund der nach Erlass des landgerichtlichen Urteils eingetretenen Gesetzesänderung keinen Bestand“ mehr habe.
Ende Februar hatte der Deutsche Bundestag mit großer Mehrheit eine Reform des § 219a Strafgesetzbuch (StGB) beschlossen. Für den von Union und SPD eingebrachten Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch“ stimmten in namentlicher Abstimmung 371 Abgeordnete. 277 stimmten dagegen, vier enthielten sich. Das Gesetz erweitert den vormaligen § 219a StGB um einen neuen Absatz 4, der zusätzliche Ausnahmetatbestände vom Werbeverbot für Abtreibungen enthält.
Seitdem dürfen Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen nun auch öffentlich darauf hinweisen, dass sie vorgeburtliche Kindstötungen durchführen. Vorher war ihnen das verboten. Weil der Gesetzgeber jedoch nach wie vor verhindern will, dass eine Abtreibung wie eine normale medizinische Dienstleistung erscheint, bleibt es Ärzten, Krankenhäusern und ambulanten Abtreibungseinrichtungen auch nach der Reform des § 219a verboten, Methoden oder Verfahren vorgeburtlicher Kindstötungen öffentlich anzupreisen. Gestattet wurde ihnen stattdessen auf staatlich organisierte Informationsangebote zu verweisen beziehungsweise zu verlinken, die über Methoden vorgeburtlicher Kindstötungen, Risiken für die Schwangere und Ähnliches informieren.
Nach Ansicht des OLG Frankfurt könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Neufassung des § 219a StGB zu einer für die Angeklagte günstigeren Bewertung führe. Ob dass das Landgericht Gießen auch so sieht, wird sich zeigen.